Die vietnamesische Küche hat Einzug gehalten in Deutschland. Und hat unter Genießern und Kennern fernöstlicher Köstlichkeiten längst einen hohen Stellenwert erreicht, ist sie doch gesünder und bekömmlicher als das hierzulande oftmals angebotene chinesisch-thailändische Fusionfood, welches leider häufig unter Glutamat- und Fettüberschuss leidet. Gerade in deutschen Großstädten schießen seit wenigen Jahren vietnamesische Imbisse und Restaurants wie Pilze aus dem Boden. Wie überall variieren Qualität und Frische, doch hat man erst einmal „seinen“ Favoriten gefunden, wird man leicht zum Dauergast.


Mit der wachsenden Popularität der südostasiatischen Reisedestination Vietnam (Việt Nam) stieg auch die Nachfrage nach den Speisen des Landes, die für Viele eine Offenbarung und Highlight des Urlaubs waren. Erst in den 1990er Jahren wurde Vietnam als Reiseziel entdeckt – zwar mit Visumpflicht, aber gänzlich ohne Einschränkungen kann man sich als Tourist seit 1997 im ganzen Land bewegen.
Mit kultureller Vielfalt, atemberaubender Landschaft, geschichtsträchtigen Orten, guten Verkehrsverbindungen und freundlichen Menschen hat sich Vietnam auf Platz neun der am meisten besuchten Länder in Fernost geschoben. Zu den beliebtesten Zielen in Vietnam zählt sicherlich die Halong Bucht (Vịnh Hạ Long), ein circa 1.500 m² großes Gebiet im Golf von Tonkin, wo teilweise über 100 Meter hohe Kalksteinfelsen aus dem Wasser ragen. Zwischen den Felsen und Inseln wohnen Menschen in schwimmenden Dörfern.

Der Legende nach entstand die Halong Bucht mit ihren zahreichen Felsen und Inseln, nachdem ein riesiger Drache, der nahe an der Küste wohnte, zum Meer gestapft war und mit seinem Schwanz tiefe Furchen in die Landschaft gegraben hatte, welche vom Meer überflutet wurden.

Eine beliebte (und relativ einfache) Art, das Land zu entdecken ist die Zugfahrt von Hanoi im Norden nach Ho-Chi-Minh-Stadt, dem ehemaligen Sài Gòn im Süden, mit 7,5 Millionen Einwohnern die größte Stadt Vietnams. An der Strecke liegen viele bedeutsame Ziele, die Dank „Hop-On-Hop-Off“-Option besichtigt werden können: die Küstenstadt Hội An, deren Altstadt UNESCO Weltkulturerbe ist, die Region um die DMZ, der während des Krieges entmilitarisierten Zone und ehemaligen Grenze zwischen Nord- und Südvietnam, sowie die Urlaubsorte Nha Trang und Mũi Né mit ihren palmengesäumten Stränden am südchinesischen Meer.
Wo auch immer der Zug hält, Garküchen und kleine Straßenstände bieten überall traditionelle Speisen an. Den Franzosen als ehemaliger Kolonialmacht kann man zugute halten, Baguette im damaligen Indochina eingeführt zu haben – dieses ist als Bánh mì, dem vietnamesischen Sandwich, belegt mit Schweinefleisch, Karotten und Koriander, ein beliebter Snack für zwischendurch. Die traditionelle Suppe Phở, eine Rinderbrühe mit Rind- oder Hühnerfleisch, Reisnudeln, Zwiebeln, Koriander, Minze und Chilies, wird zu jeder Tageszeit gegessen und oftmals sogar schon zum Frühstück gereicht.
Daumenregel: Befindet sich Phở nicht auf der Speisekarte eines vietnamesischen Restaurants hierzulande, ist es in der Regel auch keines.


Fast egal, was auf den Teller oder in die Schüssel kommt: Nước mắm, die Soße zum Tunken von Frühlings-, Sommer- oder Herbstrollen, als Dressing im Salat, bei Fleischspeisen oder in der Suppe, gehört immer dazu. Basis der süß-salzig-sauer-scharfen Flüssigkeit ist die Fischsauce.
Angesichts des Herstellungsprozesses von Nước mắm allerdings läuft so mancher Langnase ein kalter Schauer über den Rücken. In Tonfässern werden vor allem Anchovis und andere kleine Fische zwischen Schichten von Meersalz gegeben und über Monate in der Sonne stehen gelassen. Die Fermentation, unterstützt von Mikroorganismen, erzeugt so eine braune Flüssigkeit, welche gefiltert und schließlich in Flaschen abgefüllt wird.
Gut, dass sie besser schmeckt als sie riecht. Einer der bedeutensten Herstellungsorte von Fischsauce ist die tropische Insel Phú Quốc vor der Südküste Vietnams.
Ein paradiesischer Ort, solange man keines der Fässer öffnet.


Märkte bestimmen allerorts das Stadtbild in Vietnam. An zahlreichen Ständen werden Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch feilgeboten, Händler preisen ihre Waren an und werben um Kunden. Für Europäer ist nicht immer klar, was genau da nun verkauft wird – und gerade bei Fleischwaren sollten Vegetarier lieber die Augen schließen, denn hier sieht man noch, wo das Produkt ursprünglich herkommt.




Vietnam bietet buchstäblich etwas für jeden Geschmack. Pulsierende Metropolen, verschlafene Bergdörfer umgeben von dichtem Regenwald, traumhafte Küsten und hervorragendes Essen.
Bestrebungen des Tourismusministeriums, Vietnam zu einem neuen Thailand zu machen, werden hoffentlich nicht allzu schnell realisiert – ist die Ursprünglichkeit und Freundlichkeit des Landes doch nur ohne große Ressorts, Touristenmassen und Verwestlichung zu erhalten. Wer Abenteuerlust, Zeit und vor allem Offenheit mitbringt, wird hier einen Teil von Asien erleben, von dem noch lange geschwärmt werden kann.
Und falls gerade noch Unschlüssigkeit herrscht, schnell zum Vietnamesen an der Ecke.
Die Phở ist bestimmt schon fertig. Und dann will man ohnehin gleich los.
Beitrag & Fotos (außer anders gekennzeichnet) © Johannes Endler.